Ein bisschen Sicherheit – Schleswig-Holstein geht bei Online-Casinos in die Verlängerung
Noch immer gibt es keine geltende deutschlandweite Zulassung für Online-Casinos. Eine neue Fassung des Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV), die ab 1. Januar 2020 gelten könnte, nimmt zwar gerade ihren Weg durch die Länderparlamente – die legalisiert die Online-Casinos allerdings in der jetzt diskutierte Fassung nicht. Schleswig-Holstein allerdings hat Fakten geschaffen und eine Übergangsregelung beschlossen, die wenigstens etwas Sicherheit bietet – auf Zeit.
Im Sommer 2019 sind die Bundesländer in Sachen Online-Casinos immer noch uneins, wenn auch nicht mehr so wie seit dem Auslaufen des erste Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV) im Dezember 2011. Damals war es vor allem das Bundesland Schleswig-Holstein gewesen, das anders als die übrigen 15 Bundesländer Online-Casinos legalisierte. Mittlerweile mehren sich die Stimmen, Online-Casinos doch für das gesamte Land zu zulassen.
Das norddeutsche Bundesland hatte unter schwarz-gelber Regierung Ende 2011 Lizenzen an mehrere Online-Casinos vergeben, mit denen diese auch entsprechend Werbung machten. Die zwischen 2012 und 2017 regierende Koalition aus SPD, Grünen und SSW hatte zwar die Vergabe von Lizenzen wieder gestoppt, bestehende liefen aber weiter. Im Februar allerdings lief zumindest nominell die letzte davon aus. Damit galt eigentlich auch für Schleswig-Holstein der recht unmissverständliche Paragraf 4 Absatz 4 der noch geltenden zweiten Überarbeitung des Glücksspielstaatsvertrages: „Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten.“.
Allerdings arbeitet man derzeit nicht nur an der Ratifizierung der dritten Änderung des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV), sondern auch an einer generellen Neufassung. Und um zumindest eine vorläufige Sicherheit zu schaffen, hat jetzt die seit 2017 bestehende Landesregierung von Schleswig-Holstein aus CDU, Grünen und FDP ein „Gesetz zur Übergangsregelung für Online-Casinospiele“ verabschiedet.
Was ist der aktuelle rechtliche Stand für Online-Casinos?
Zwischen Februar und Juni 2019 waren Online-Casinos im Prinzip in Deutschland illegal. Zumindest gab es in der Zeit keine gültige Lizenz, denn die die 2011 von Schleswig-Holstein ausgegebenen waren befristet. Waren – denn mit dem im Juni erlassenen Übergangs-Gesetz heißt es: „Bereits erteilte Genehmigungen für die Veranstaltung und den Vertrieb von Online-Casinospielen […] gelten für eine Übergangsphase bis zur Erteilung einer sonstigen Erlaubnis auf Grundlage deutschen Rechts mit Geltung für Schleswig-Holstein, längstens bis zum 30. Juni 2021 […] weiterhin als erteilt.“ Und weiter: „§4 Absatz 4 Glücksspielstaatsvertrag (GlüStV) findet insofern keine Anwendung“. Das seit dem Jahr 2017 regierende Bündnis aus CDU, Grünen und FDP unterstützt vom SSW (Südschleswigscher Wählerverband) hatte dieses Gesetz beschlossen.
Damit sind also alle seit 2011 erteilten Online-Casino-Lizenzen schlicht verlängert. Entweder bis Ende Juni 2021 – oder bis es ein neues für ganz Deutschland geltendes Gesetz gibt.
Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote (CDU) begrüßte dieses Übergangs-Gesetz ausdrücklich. Nur so könne der regulierte Markt für Online-Casinospiele erhalten werden. Alle bisherigen Anforderungen zur Gewährleistung des Spielerschutzes, des Jugendschutzes, des Verbraucherschutzes und die Nutzung des Safe-Servers würden daher weiterhin gelten.
Es sei die Pflicht der Politik, den legalen entgeltlichen Spielkonsum auf einen angemessenen Umfang zu beschränken, sagte Grote. „Um Suchtrisiken vorzubeugen, um Spieler zu schützen – besonders die Jugend, um die Spieler vor betrügerischen Machenschaften zu schützen und um damit verbundene Folge- und Begleitkriminalität abzuwehren. Das lässt sich nur mit einer wirksamen Glücksspielregulierung erreichen.“ Ziel dieser Regulierung sei auch, dass Glücksspiel ordnungsgemäß, fair, verantwortlich und transparent durchgeführt werde. Weiteres Ziel sei die Kanalisierung des Spieltriebs in geordnete und überwachte Bahnen. Damit solle auch der ungesetzliche Markt eingedämmt werden, erklärte der Minister.
Unterstützung habe es für die Übergangsregelung dabei auch seitens der Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein sowie der Sucht- und Drogenbeauftragten des Landes und der Bundesregierung gegeben.
Im Prinzip hat sich somit nun für die mit einer Lizenz des Bundeslandes ausgestatteten Online-Casinos nichts geändert.
Eine Übersicht aller aktuellen rechtlichen Bestimmungen zum Thema Glücksspielwesen bietet der Verband der Deutschen Automatenindustrie hier.
Die Verlängerung der Lizenzen hat dabei auch Auswirkungen auf viele Sportvereine. Die Casino-Anbieter dürfen so nämlich weiterhin legal Sponsoring betreiben. Skill on Net, die die Marke DrückGlück betreiben, sponsern so beispielsweise den Bundesliga-Zweitligisten Holstein Kiel. Die Marke Vera&John von Megapixel Entertainment Ltd. sponsert etwa den Handball-Bundesligisten THW Kiel.
Gerade im Bereich Werbung und Sponsoring hätte es sonst eine Menge Ärger geben können. In dem Zeitraum zwischen Februar und Juni, als es faktisch keine geltenden Lizenzen gab, machten die meisten Online-Casinos weiter wie zuvor und schalteten auch Werbung im Fernsehen, in denen sie auf die schleswig-holsteinischen Lizenzen verwiesen. Das gab zumindest eine Rüge der schleswig-holsteinischen Landesregierung. Die TV-Werbung anderer Anbieter, die nie eine der Lizenzen besessen hatten, unterbanden die Landesmedienanstalten laut einem Bericht des NDR dagegen rigoros.
Welche Online-Casinos haben jetzt eine Lizenz?
Insgesamt sind es derzeit genau zehn Anbieter, die eine Lizenz des Landes Schleswig-Holstein vorweisen können. Sie betreiben zum Teil mehrere Marken. Im Einzelnen sind es folgende Anbieter:
- Cashpoint Malta Ltd. betreibt die Marke Merkur-Spielcasino
- Electraworks (Kiel) Ltd. (darf auch Online-Poker veranstalten) mit der Marke Bwin
- Greentube Malta Ltd. hat die Marke Stargames inne
- Löwen Play GmbH bietet das Löwen Casino an
- Megapixel Entertainment Ltd. ist Betreiber der Marken Wunderino,
Hyperino und Vera&John - OnlineCasino Deutschland AG betreibt OnlineCasino Deutschland
- PlayCherry Ltd. tritt mit der Marke Sunmaker auf
- REEL Germany Ltd. (darf auch Online-Poker veranstalten) besitzt die Marke PokerStars
- Skill on Net Ltd. ist Anbieter von DrückGlück
- World of Sportsbetting Ltd. bietet die Marke LeoVegas an
Darüber hinaus gibt es laut dem Stand des Internetangebots der Landesregierung Schleswig-Holstein derzeit keine lizensierten Anbieter von Online-Casinos in Deutschland.
Was tut sich in Sachen Glücksspielstaatsvertrag für Online-Casinos?
Im März 2019 einigte sich die Ministerpräsidentenkonferenz der Länder auf einen „Dritten Staatsvertrag zur Änderung des Staatsvertrages zum Glücksspielwesen in Deutschland“. Bis Ende des Jahres muss noch die Mehrheit der Länderparlamente diesem zustimmen, damit er ab 1. Januar 2020 in Kraft treten kann. Allerdings regelt diese Neufassung vor allem, dass Sportwetten in einem „Experimentierstadium“ weiter zulässig sind – und dass die Zahl der Konzessionen in dem Bereich nun mehr als 20 betragen darf. Ohne diese Regelung würde sonst ab Sommer 2020 eigentlich das staatliche Sportwettmonopol wieder gelten. Da das angesichts eines boomenden Sportwettmarktes laut Experten nicht praktikabel sei, gilt es als wahrscheinlich, dass dieser Änderung zugestimmt wird.
An dem §4 Absatz 4, der strikt Online-Casinos für illegal erklärt, wird in der Version aber zunächst nichts geändert.
Allerdings steht Schleswig-Holstein nicht mehr allein mit seiner Meinung da. Zwar scheint sich derzeit keine gemeinsame Lösung aller Bundesländer abzuzeichnen, was insbesondere wohl am Widerstand der Länder scheitert, in den die SPD an der Regierung beteiligt ist, allerdings drängt insbesondere Hessen (schwarz-grün) auf eine einheitliche Einigung – oder zieht in Erwägung, ebenfalls selbst Lizenzen zu vergeben. Bayern (CSU, Freie Wähler), Nordrhein-Westfalen (CDU, FDP) und Baden-Württemberg (Grüne, CDU) sowie auch Rheinland-Pfalz (SPD, Grüne) stehen der einheitlichen Legalisierung von Online-Casinos wohl aufgeschlossen gegenüber.
Was bedeutet der aktuelle Stand für die Spieler in Online-Casinos?
Wer einen Wohnsitz in Schleswig-Holstein hat, kann sich auf allen Seiten der Anbieter mit entsprechender Lizenz problemlos registrieren und dort spielen. Denn die oft als „deutsche Lizenzen“ angepriesenen gelten rechtlich nämlich nur im nördlichsten Bundesland.
Für alle anderen gilt, dass sie sich entweder gar nicht registrieren können ohne mindestens einen Zweitwohnsitz in Schleswig-Holstein – oder, dass sie auf eine Seite mit EU-Lizenz umgeleitet werden.
In der Hinsicht gilt dann nämlich ein ganz entschiedenes „Jein“, wenn es um die Legalität geht. Denn nach EU-Recht müssen Online-Casinos, die in einem EU-Land eine gültige Lizenz besitzen, auch überall in der EU zugänglich sein. Im Falle von Malta oder Großbritannien sind das nationale Lizenzen, nach EU-Recht absolut legal. Nach deutschem Recht aber (siehe oben Glücksspielstaatsvertrag §4 Absatz 4 GlüStV) ziemlich eindeutig nicht. Eine rechtliche Grauzone also.
Wer also völlig sicher sein will, müsste sich mindestens einen Zweitwohnsitz an der Küste zulegen.